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Weiblicher Widerstand in der NS-Zeit

02.02.2018 11:30

Weiblicher Widerstand in der NS-Zeit
VON BRUNO ELBERFELD
Düren. Meist sind es nur die Namen von Männern, die als Widerstandskämpfer im Dritten Reich bekannt sind. Bruno Reuter, ehemaliger Geschichtslehrer am Stiftischen Gymnasium in Düren und Fachleiter am Studienseminar in Jülich, versuchte dem mit einem Vortrag im Musiksaal seiner ehemaligen Wirkungsstätte entgegenzuwirken. Erfolgreich hatte er sich in den vergangenen Jahren auf die Spur der Frauen gemacht, die ebenfalls ihre Beiträge zum Widerstand gegen den Naziterror geleistet hatten.
 
Bekannte Designerin
 
Interessant für viele Anwesende aus Düren und Umgebung war der Name einer Frau, der leider in Vergessenheit zu geraten droht: Antje Kind-Hasenclever. Antje Kind-Hasenclever war nach dem Krieg über mehrere Stationen mit ihren beiden Kindern nach Düren gekommen, wo sie bei der Glashütte Peill & Putzler als Designerin arbeitete. Als „Kulturreferentin“ des Werks baute sie eine große Glassammlung auf. Gläser vom 3. Jahrhundert vor Christus bis in die Gegenwart konnten dort in Augenschein genommen werden. Zeitgenossen der Designerin erinnern sich gerne an deren Kulturgruppe. Noch bis in die Jetzt-Zeit konnten Interessenten in einem von Kind-Hasenclever geschaffenen Archiv stöbern. Antje Kind-Hasenclever starb am 25. Dezember 1985. Beigesetzt ist sie auf dem Friedhof von Solz, nahe Bebra, wo sie herkommt.
 
Antje Kind-Hasenclever, geschiedene Havemann-Hasenclever, hat – wie eine Menge ihrer Altersgenossinnen – in der NS-Zeit „Rettungswiderstand“ geleistet. Während die Männer oft spektakulär versuchten, dem Regime zu schaden, versteckten sie Menschen, brachten sie auf Fluchtwege. Zunächst versteckten die Havemanns Kommunisten und brachten sie ins Ausland – Robert Havemann war seit 1932 in der KPD – dann kümmerten sie sich um verfolgte Juden. Antje Havemann-Hasenclever besuchte Juden, kaufte für sie ein oder leistete ihnen Gesellschaft. All das war damals verboten. Aufdeckung wurde mit dem Tode bestraft.
 
„Menschen zu helfen“, sagte die Wahl-Dürenerin 1988 in einem Radiointerview, „war eine Selbstverständlichkeit für alle, die so dachten wie wir.“ Bruno Reuter zeigte viele Porträts von Widerstandskämpferinnen, einige auch im Kreis ihrer Familien, um zu demonstrieren, dass diese Frauen und ihre Männer neben Beruf und Untergrundarbeit auch ein normales bürgerliches Leben führten.
 
Die Frauen, meist hochgebildet, aus Oberschicht und oberer Mittelschicht stammend, rekrutierten sich aus dem „Kreisauer Kreis“ um die Familien von Moltke, von Trotta und Poelchau, aus dem militärischen Widerstand wie aus den Familien von Stauffenberg, von der Schulenburg.
 
Reuter zeigte Bilder aus Privatarchiven um die Familien Bonhoeffer und von Dohnanyi. Namen der Freya von Moltke, Margarete von Trotha und andere ließen die Gäste im „Stift“ aufhorchen. Bekannt natürlich der Name Sophie Scholl und die ihrer Mitstreiterinnen. Bruno Reuter konnte in seinem Vortrag nur Anregungen geben. Sein Referat war begrenzt durch die Auswahl, die er getroffen hatte. In seinem Vortrag kamen meist Frauen aus dem Adel und der oberen Mittelschicht vor. Viele Seiten würden die Namen der Frauen aus der unteren Mittelschicht und der Unterschicht füllen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch Widerstand geleistet haben.
 
Begrüßt worden waren die Gäste von Studiendirektor Dr. Achim Jaeger, der an den 27. Januar 1945 erinnerte, den Tag, an dem das Konzentrationslager Auschwitz von der Roten Armee befreit worden war. Unterstützt wurde das Projekt von der „Bürgerstiftung Düren“ und dem „Verein der Freunde und Förderer des Stiftischen Gymnasiums“.
 

Autor: Olschewski