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Grundrechte in einfacher Sprache

23.03.2017 22:00

Grundrechte in einfacher Sprache
Bürgerstiftungen Düren und „Lebensraum Aachen" erklären Werte Deutschlands. Rund 100 Zuhörer. (Dürener Zeitung, 23.03.2017)
Düren. Es war ein Abend, der gleichsam informativ war und unter die Haut ging: Als der 19-jährige Amir Sultani einen Appell an die rund 100 Leute im Rathausfoyer richtete, hat das wohl keinen unberührt gelassen: „Wir können friedlich zusammenleben, trotz all unserer Unterschiede“, hat Amir Sultani gesagt. „Wir müssen einander akzeptieren und nicht gegeneinander kämpfen.“ Sultani ist vor zwei Jahren als unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland gekommen und lebt heute im Dürener Kinderheim St. Josef.

„Flüchtlinge: Rechte und Pflichten. Grundlage für Toleranz, friedliches Zusammenleben und Sicherheit“ war die Veranstaltung überschrieben, zu der die Bürgerstiftung Düren und die Bürgerstiftung „Lebensraum Aachen“ in Kooperation mit unserer Zeitung eingeladen hatten. Manfred Kutsch vom Zeitungsverlag Aachen hat den Abend moderiert. Auf Initiative von Inge Loisch haben Mitglieder der Bürgerstiftung „Lebensraum Aachen" die wichtigsten Artikel des Grundgesetzes in eine einfache und verständliche Sprache „übersetzt“ und vor allen Dingen auch erklärt.

Auf sieben Sprachen erschienen

Diese Grundrechte, von denen einige am Mittwochabend im Rathausfoyer kurz vorgestellt wurden, sind mittlerweile auch auf Arabisch, Farsi, Englisch, Französisch, Kurdisch, Tigrinya (eine Sprache, die in Äthiopien und Eritrea gesprochen wird) und Türkisch erschienen. Dr. Gisela Hagenau von der Bürgerstiftung Düren: „Bürgerstiftungen engagieren sich bundesweit intensiv in der Betreuung von Flüchtlingen. Wir finden, dass Sprachförderung sehr wichtig ist, aber genauso wichtig ist, dass die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland vermittelt werden.“ Moderator Manfred Kutsch formulierte es so: „Wenn wir an die Willkommenskultur 2015 am Münchener Hauptbahnhof denken, die Silvesternacht in Köln und den Terrorangriff auf den Berliner Weihnachtsmarkt, sehen wir das gesamte Spektrum eines Stimmungswandels, der im Alltag zu spüren ist.“ Es gebe zwar immer noch eine beachtliche Hilfsbereitschaft in Deutschland, die Bedrohung wachse aber am rechten Rand der Gesellschaft. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass es Veranstaltungen wie die heute Abend gibt.“

Erstaunlich viele Asylbewerber waren ins Rathausfoyer gekommen, aber auch viele Multiplikatoren, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Ute Jansen und Norbert Greuel von der Bürgerstiftung Aachen haben einige der einfach formulierten Grundrechte vorgestellt. Greuel: „Wir wollen die Menschen nicht bevormunden. Wir wollen ihnen vielmehr zeigen, dass das Grundgesetz unsere Wertebasis für ein friedliches Zusammenleben ist.“ Bei den vorgestellten Grundrechten ging es unter anderem um die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Recht auf Selbstbestimmung („Jede Frau darf über ihren Körper selbst bestimmen. Das Anfassen von Frauen ist ohne deren Einwilligung strafbar. Das gilt auch in der Ehe.“) und den Umgang mit Familie und Kindern.

Im Anschluss an die Vorstellung einiger Grundwerte diskutierten Manfred Kutsch und Fred Kessel von der Bürgerstiftung Düren mit drei Flüchtlingen. Neben Amir Sultani aus Afghanistan nahmen noch Mariam Alsaleh aus dem syrischen Aleppo und Aboubacar Haidara aus Mali an der Gesprächsrunde teil. Sie erzählten von ihrer Flucht, vor allem aber auch von ihren Erfahrungen in Deutschland. „Mein Mann, meine beiden Kinder und ich sind seit Oktober 2015 in Deutschland“, erzählte Mariam Alsaleh. „Die Menschen sind sehr gut zu uns, und wir fühlen uns wohl. Besonders gefällt mir, dass ich hier meine Meinung sagen darf, ohne Angst haben zu müssen.“ Schwierig sei ihre Wohnsituation am Ortsrand von Schmidt. „Die Busverbindungen sind nicht so gut, und es gibt in unserer Nähe keine Möglichkeit, einen Sprachkurs zu machen.“ Auch Aboubacar Haidara lobte die Hilfsbereitschaft der Menschen in Deutschland. „Es gibt überall gute und schlechte Menschen“, sagte er. „Aber ich habe in meiner neuen Heimat noch nie Probleme gehabt. Es ist nur für viele Asylbewerber sehr schwer, dass sie nicht arbeiten dürfen und den ganzen Tag zu Hause sind.“ Und Amir Sultani? Er schätzt den Frieden in Deutschland. „Ich komme aus einem Land, in dem wir viel über Frieden gehört haben, ohne ihn jemals erlebt zu haben. In Deutschland kann ich Frieden leben.“

Autor: Olschewski